„Muss das denn sein?“, fragen sich monogam Liebende. „Aber klar doch!“, antworten alle Frauen und Männer, Heteros, Homo- und Bisexuelle, Tantriker, Schamanen oder ganz normale Menschen, die Polyamorie für sich entdeckt haben. Sie verstehen es, mehrere Menschen zur selben Zeit zu lieben, mit dem Herzen, aber auch sexuell.
Der Name Polyamorie ist eine neue Wortschöpfung aus dem griechischen „poly“ (viel) und dem lateinischen „amor“ (Liebe). Polyamorie baut sich demnach auf stabile und transparente Beziehungen zwischen mehreren Partnern auf. Dabei grenzt sie sich dezidiert von hemmungsloser Promiskuität, verdecktem Fremdgehen und Swingertum ab.
Die Definition im Oxford Dictionary lautet: „Die Praxis, der Zustand oder die Fähigkeit, mehr als eine liebevolle sexuelle Beziehung zur gleichen Zeit zu führen, mit vollem Wissen und Einverständnis der beteiligten Partner.“
Das heißt im Klartext, dass es Anhänger im Einverständnis aller Beteiligten miteinander, untereinander und übereinander, nur nicht gegeneinander treiben. Die Liebesbündnisse schließen nicht selten zwei oder drei Generationen ein. Sogar von 30 Personen ist die Rede. Ihre Grundregel lautet: Jeder Partner weiß von allen anderen. Heimlichkeit ist tabu.
Im Gegensatz zu „Swingern“, Paaren also, die sich mit wildfremden Menschen in Clubs zum Partnertausch treffen, geht es Polyamoristen nicht um Abwechslung beim Sex allein. Sie suchen die Liebe bzw. ihr Vielfaches.
In den USA gibt es sogar eine eigene Bewegung, namens „Polylove“. An deren Spitze steht „Loving More“, eine Gesellschaft zur Förderung der Polyamorie. Ihre Verfechterin, Robyn Trask, eine 46-jährige Tantra-Lehrerin aus Colorado, kämpft dafür, dass Polyamoristen genauso wie Ehepaare im Krankenhaus Auskunft über den Gesundheitszustand ihrer Partner bekommen, im Erbrechtsfragen gleichgestellt werden und das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder erhalten.
Auch in Europa wächst die Zahl der bekennenden Polys. Im Gegensatz zu den 90er Jahren, als Polyamorie sich fast ausschließlich in Subkulturen abgespielt hat, wird dieser L(i)ebensstil immer mehr zu einem Trend. An die Stelle der Institution Ehe tritt das intellektuelle Arrangement, das beiden Partnern viel Toleranz abverlangt. Von Eifersucht gar nicht zu sprechen!
Polyamorie vs. Polygamie
Polyamorie hat auch nichts mit Polygamie, also „Vielehe“ zu tun. Sie ist grundsätzlich gemäß § 1306 BGB verboten und wird gemäß § 172 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Es ist jedoch nicht strafbar, dass eine Person mit mehreren Frauen oder Männern in einer Geschlechtsgemeinschaft zusammenlebt. Man kann aber lediglich eine einzige staatlich anerkannte Ehe zur selben Zeit eingehen.