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Soziale Distanzierung gilt als sozial und fürsorglich
Volker Beeden
Eheberatung und Psychologie
Abstand halten! So lautet das Gebot für jeden, der das Corona-Virus in die Schranken weisen möchte. Diese „soziale Distanzierung“ gilt zugleich als sozial und fürsorglich. Der sich daraus ergebende vermeintliche Widerspruch ist aber nur ein scheinbarer Widerspruch. Wir wollen uns darüber unterhalten, was soziale Distanzierung ist und warum gerade diese soziale Distanzierung sozial und fürsorglich daherkommt.
Was ist soziale Distanzierung?
Die Corona-Krise schafft Begrifflichkeiten, die vorher kein Thema waren. Im Gegenteil, es entstehen sogar Situationen, die wir zuvor genau gegensätzlich betrachtet haben. Auf die soziale Distanzierung trifft dies in besonderem Maße zu.
Wenn wir uns sozial distanzieren sollen, bedeutet dies, dass wir den Kontakt zu anderen Menschen möglichst vermeiden. Da das Corona-Virus vornehmlich durch den direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen wird, ist die Kontaktvermeidung die beste und vor allem derzeit die einzige Möglichkeit, das Virus abzuwehren.
Der Infektionsschutz gebietet es, den Kontakt zu anderen Menschen auf ein Minimum herunterzufahren. In der Öffentlichkeit dürfen wir uns nur noch mit Familienangehörigen bewegen. Zu Drittpersonen ist der Kontakt auf eine einzige Person beschränkt, vorausgesetzt, Sie halten einen Abstand von 1,50 m ein. Freunde in deren Wohnung zu besuchen oder in der eigenen Wohnung zu empfangen, ist kontraproduktiv. Mit diesen Worten hat der Gesetzgeber die soziale Distanzierung gesetzlich formuliert.
Problematisch ist, den Kontakt zu Familienangehörigen zu vermeiden. Wenn Sie das Infektionsrisiko aber ernst nehmen, ist es ein Gebot der Vernunft, auf Kontakte zu älteren Familienmitgliedern zu verzichten. Eltern und vor allem Großeltern gehören zu den Risikogruppen. Dass dies tatsächlich zutrifft, zeigen die zunehmenden Todesraten in den Alters- und Pflegeheimen. Ältere Menschen haben ein schwächeres Immunsystem und können dem Virus kaum etwas entgegensetzen. Ihre beste Überlebenschance ist also, wenn sich die Jüngeren sozial distanzieren. Die soziale Distanzierung ist Fürsorge der besonderen Art.
Soziale Distanzierung ist Ausdruck der Verantwortung eines jeden einzelnen von uns. Wir alle tragen Verantwortung. Wir werden dieser Verantwortung am besten gerecht, wenn wir schlicht und einfach zu Hause bleiben. Menschen, die in „systemrelevanten“ Berufen arbeiten, würden wahrscheinlich auch am liebsten zu Hause bleiben, werden aber unbedingt gebraucht. Wir sollten also die Chance, zu Hause bleiben zu dürfen, als eine besondere Freiheit schätzen.
Wer die Regeln ignoriert, handelt asozial und gemeinschädlich
Auch letztes Wochenende waren in Parks und Gärten wieder zahlreiche Personen auffällig, für die die Krise noch kein Begriff zu sein scheint. Das vielfach zugrunde liegende Argument, ich trage selbst kein Risiko, ist oberflächlich und gedankenlos.
Auch wenn Sie tatsächlich nur geringes Infektionsrisiko tragen, tragen Sie dazu bei, das Risiko einzudämmen, wenn Sie es so machen, wie es andere machen und sich zu Hause sozial distanzieren. Regeln funktionieren nämlich nur, wenn sich jeder daran hält. Jeder, der für sich eine Ausnahme beansprucht, trägt dazu bei, dass die Ausnahme immer mehr zur Regel wird. Eine Regel, die überwiegend aus Ausnahmen besteht, ist nutzlos. Auch derjenige, der keinerlei Symptome zeigt, kann Träger des Virus sein und andere infizieren. Zeigen Sie keinerlei Symptome und wissen überhaupt nicht, dass Sie infiziert sind, sind Sie mit Ihrem Infektionspotenzial eine tickende Zeitbombe.
Wer also die Regeln nicht ernst nimmt und meint, das eigene Interesse rechtfertige Ausnahmen, ignoriert die Interessen anderer. Das Persönlichkeitsrecht eines Menschen ist zwar im Grundgesetz garantiert, endet aber dort, wo das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn beginnt. Wer die Grenzen des eigenen Persönlichkeitsrechts überschreitet, handelt asozial und angesichts des überall zutage tretenden Risikos gemeinschädlich.
Letztlich geht es darum, die Infektionszahlen so gering wie möglich zu halten. Nur so lässt sich vermeiden, dass die Krankenhäuser irgendwann an die Belastungsgrenzen kommen und infizierte Menschen nicht mehr aufnehmen oder behandeln können. Jeder muss damit rechnen, dass auch eigene Angehörige mit dem Virus Bekanntschaft machen und darauf angewiesen sind, ärztlich behandelt zu werden. Haben dann Regelignoranten dazu beigetragen, dass sich diese Risiken verwirklichen, sollte jedem von uns bewusst werden, wie wichtig es ist, dass wir uns alle ausnahmslos an die Regeln halten.
Leitfaden: "Rechtliche Informationen zum Coronavirus" geschrieben von Volker Bellaire. Stand:
Medien als Motivationshilfe
Medien werden wegen ihrer Berichterstattung oft gescholten. In Zeiten der Krise tragen sie aber dazu bei, dass wir verstehen, warum etwas ist, wie es ist. Wenn wir wissen, dass wir alle gemeinsam im Boot sitzen, tun wir uns sicher leichter, Regeln einzuhalten. Die Krise ist insoweit auch recht produktiv. Viele, die pflichtgemäß zu Hause ausharren, zeigen, wie man sich den lieben langen Tag beschäftigen kann und das Beste aus der Situation macht.
Wer online kommuniziert und sich mit anderen elektronisch kurzschließt, fühlt sich eher motiviert, Regeln einzuhalten, als wenn man alleine ist und einsam in den Tag hinein lebt. Wer sieht, wie andere mit der Situation umgehen, tut sich leichter, es genauso zu machen und vielleicht selbst Ideen zu entwickeln und Initiative zu entfalten, wie man den Tag zu Hause verbringen kann.
Motto des Monats: Noch nie war es so wichtig, gemeinsam allein zu sein.
Wie komme ich trotz sozialer Distanzierung unbeschadet durch die Krise?
Viele haben Angst. Es ist nicht unbedingt die Angst vor dem Virus. Vielfach geht es darum, dass sich Menschen in der eigenen Wohnung wie im Gefängnis fühlen, Einsamkeit empfinden und keine zeitnahe Perspektive sehen. Empfinden Sie ähnlich, sollten Sie berücksichtigen, dass Sie mit Ihrem Rückzug ein Stück Kontrolle über die Situation in der Hand halten. Wer zu Hause bleibt, schützt sich selbst und andere. Es ist gut, wenn Sie sich auf die Dinge konzentrieren, die Sie selbst beeinflussen können. So entschärfen Sie das Gefühl, machtlos zu sein. Bringen Sie Routine in Ihren Tagesablauf. Leben Sie nicht einfach in den Tag hinein. Denken Sie daran, dass es anderen genauso geht.
Leben Sie mit Ihrem Partner gemeinsam in der Wohnung, sollten Sie die Quarantäne vielleicht als Chance betrachten. Geben Sie Ihrer Beziehung wieder die Wertschätzung, die sie hatte, als Sie geheiratet haben. Respektieren Sie, dass auch Ihr Partner oder Ihre Partnerin mit der Situation umgehen muss. Bleiben Sie wertschätzend und höflich zueinander. Sind Sie gerade missgestimmt, sollten Sie den Partner nicht mit unbedachten Worten vor den Kopf stoßen. Geben Sie vielmehr höflich zu verstehen, dass Sie gerade mit sich selbst beschäftigt sind und etwas Zeit für sich brauchen. Ansonsten sollten Sie den Partner möglichst in Ihren Tagesablauf einbinden. Dazu gehören wenigstens kleinere Zärtlichkeiten, Hilfen im Haushalt, die Geduld, dem anderen zuzuhören, ihm oder ihr Aufmerksamkeit zu schenken und sich zu bedanken, wenn der Partner oder die Partnerin etwas Gutes oder Schönes getan oder gesagt hat.
Alles in allem
Wir leben in einer schwierigen Zeitphase. Krisen haben die Eigenschaft, irgendwann Geschichte zu sein. Wenn es uns gelingt, aus dieser Krise mit neuen Erkenntnissen hervorzugehen, hat die Krise vielleicht doch irgendeinen Sinn. Wir müssen diesen Sinn nur erkennen und verstehen.
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