Liz Taylor, die Hollywood-Film-Diva der 60-er und 70-er Jahre war immerhin acht Mal verheiratet, davon zweimal mit dem Schauspieler Richard Burton, den Sie wohl auch ein drittes Mal geheiratet hätte, wäre er nicht mit 58 Jahren bereits gestorben. Anders liegen die Dinge, wenn Sie Ihrer standesamtlichen Eheschließung auch noch den Segen der katholischen Kirche verleihen möchten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dann mehr als einmal kirchlich heiraten können, ist eher gering. Scheidung und katholische Kirche vertragen sich schlecht. Das Kirchenrecht betrachtet Geschiedene als Abtrünnige.
Gibt es eine schnelle Antwort?
Die Frage, ob Sie mehr als einmal kirchlich-katholisch heiraten dürfen, ist in einer ersten Antwort mit einem klaren Nein zu beantworten. Die Ehe gilt nach katholischem Kirchenverständnis als unauflösbar. Allerdings gibt es Ausnahmen. Diese bestehen darin, dass eine Ehe in Ausnahmefällen annulliert werden kann oder zugunsten des Glaubens aufgelöst wird. Das katholische Kirchenrecht ist insoweit relativ kompliziert. Möchten Sie also mehr als einmal kirchlich heiraten, müssen Sie sich wohl oder übel mit der Materie beschäftigen. Man könnte insoweit den Standpunkt vertreten, dass der Preis für die katholische Trauung darin besteht, dass Sie die Bedingungen des katholischen Kirchenrechts akzeptieren müssen. Inwieweit diese Bedingungen mit der Lebenswirklichkeit noch immer in Einklang zu bringen sind, steht auf einem anderen Blatt. Eine schnelle Antwort kann die Problematik jedenfalls nicht erfassen.
Ihre Ehe ist ein zivilrechtlicher Vertrag
Jede Ehe muss vor dem Standesbeamten geschlossen werden. Nur dann entfaltet Ihre Ehe rechtliche Wirkung und verschafft Ihnen staatliche Privilegien, beispielsweise die Besteuerung im Einkommensteuerrecht nach dem Splittingtarif oder den Zugewinnausgleich bei der Scheidung. Wird die Ehe nicht vor dem Standesbeamten geschlossen, sondern nur vor einer kirchlichen Institution, liegt keine gültige Ehe vor (§ 1310 BGB).
Die Trauung in der katholischen Kirche ist ein Privileg
Die Ehe ist nach katholischem Kirchenverständnis eine Institution göttlichen Rechts. Die katholische Kirche versteht die Ehe als Heilszeichen und Sakrament. Insoweit fühlt sich die Kirche ausschließlich zuständig, wenn es um Eheschließung und Auflösung der Ehe geht. Die kirchliche Trauung durch den Priester dokumentiert diesen religiösen Charakter der Ehe. Wenn Sie einmal katholisch getraut wurden, ist die Trauung grundsätzlich ein einmaliger Vorgang, der sich nicht wiederholen lässt.
Lassen Sie sich scheiden, verstoßen Sie gegen das kirchliche Dogma der Unauflösbarkeit der Ehe im Sinne des katholischen Kirchenrechts. Erst die durch Martin Luther eingeleitete Reformation führte dazu, dass sich dieses Eheverständnis wandelte und Sie erneut heiraten und sich erneut kirchlich trauen lassen können, wenn wenigstens ein Ehepartner protestantisch ist und Sie die Trauung in einer evangelischen Kirche vollziehen. Katholiken haben dieses Privileg nicht. Wie immer im Leben gibt es keine Regel ohne Ausnahme.
Bietet ein Ehenichtigkeitsverfahren einen Ausweg?
Das Kirchenrecht ist komplex. Schließlich ist es über 20 Jahrhunderte gewachsen. Idealerweise merken Sie davon nichts, wenn Sie kirchlich heiraten. Komplex wird die Situation erst dann, wenn Sie geschieden sind und Ihrer zweiten oder dritten oder vierten Ehe den Segen der katholischen Kirche verschaffen wollen.
Ob ein Ehenichtigkeitsverfahren (Annullierung) einen Ausweg bietet, muss jeder für sich selbst entscheiden. Sie sollten dazu einige Fakten kennen. Sie werden diesen Weg wahrscheinlich nur gehen wollen, wenn Ihnen die erneute katholische Trauung so wichtig erscheint, dass Sie keine bürokratischen Mühen scheuen. Bei der Annullierung geht es um die Feststellung, dass die Ehe aus kirchlicher Sicht aufgrund der Ungültigkeit der Eheschließung nach katholischem Eherecht nicht gültig zustande gekommen ist und von Anfang an keine gültige Ehe bestanden hat.
Die Nichtigkeitsgründe nach katholischem Kirchenrecht decken sich weitgehend mit den Nichtigkeitsgründen, die das Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuches beschreibt (§ 1314 BGB). So kann die Vorstellung, die Ehe sei auch nach katholischem Verständnis auflösbar, einen Aufhebungsgrund begründen. Ähnlich ist es,
- wenn die Ehe durch äußeren Zwang zustande kam,
- Blutsverwandte einander geheiratet haben,
- ein Partner bereits bei der Eheschließung beischlafunfähig war oder
- ein Partner als Priester mit Zölibatsverpflichtung gar nicht heiraten durfte.
Wie läuft ein Ehenichtigkeitsverfahren ab?
In Deutschland sind für die Durchführung von Ehenichtigkeitsverfahren 22 Kirchengerichte zuständig. 2016 sollen 580 Urteile gesprochen worden seien, ca. 90 Prozent der zu Ende geführten Verfahren hätten mit einer Nichtigerklärung geendet. Im größten deutschen Kirchengericht in Köln beschäftigen sich mehr als 20 Festangestellte und ca. 26 Haupt- und nebenamtliche Richter mit solchen Verfahren (Quelle: Der Spiegel v. 9.1.2017).
Das jeweilige Kirchengericht trifft nach Befragung der Ehepartner und unter Anhörung von Zeugen eine Entscheidung. Im Verfahren können sich die Ehegatten von Rechtsanwälten vertreten lassen, die kirchenrechtlich ausgebildet und kirchlich zugelassen sind. Am Verfahren beteiligt ist ein sogenannter Ehebandverteidiger. Dessen Aufgabe besteht als Kirchenanwalt darin, Gründe zu finden, die für den Fortbestand der Ehe sprechen. Das Verfahren wird in der Regel schriftlich geführt. Persönliche Anhörungen durch das Gericht sind die Ausnahme. Nachdem bis 2015 alle Entscheidungen von Amts wegen von einer nächsthöheren Instanz überprüft wurden, hat Papst Franziskus das Ehenichtigkeitsverfahren insoweit vereinfacht, dass die Ehe nun bereits in der ersten Instanz rechtskräftig annulliert werden kann und eine zweitinstanzliche Überprüfung nicht mehr zwingend erforderlich ist. Diese Entscheidung führte zu deutlich mehr Ehenichtigkeitsverfahren.
Das Problem dabei ist, dass Kirchenprozesse, wie es in den vergangenen Jahrhunderten typisch war, intern geführt werden und alle Beteiligten zur Geheimhaltung verpflichtet sind. Interna dringen selten nach außen.
Ist ein Ehenichtigkeitsverfahren ein empfehlenswerter Weg?
Ehenichtigkeitsverfahren werden von den Beteiligten oft als Inquisition empfunden. Wenn allein schon ein Ehebandverteidiger am Verfahren beteiligt wird und größter Wert auf Geheimhaltung gelegt wird, scheint der Rahmen irgendwie vorgegeben. Beteiligte berichten davon, dass ihr Intimleben von kirchlichen Würdenträgern inspiziert wird und sie über Dinge sprechen müssten, die so privat und vertraulich sind, dass deren Offenbarung als Zumutung empfunden wird. Soweit es darum geht, Nichtigkeitsgründe offenzulegen, müssen Stimmungen und Empfindungen vieler vergangener Jahre rekonstruiert werden. Zwangsläufig schnüffeln die kirchlichen Richter im Seelenleben der Ehegatten. Soweit Zeugen einbezogen werden, fühlen diese sich oft in unzumutbarer Weise ausgehorcht und in ein Verfahren einbezogen, dessen Ablauf und Hintergründe sie kaum beurteilen können.
Ein Grund, sich auf ein Ehenichtigkeitsverfahren einzulassen, besteht neuerdings offenbar auch darin, ein bestehendes Anstellungsverhältnis bei der katholischen Kirche fortzuführen. Stehen Sie beispielsweise in einem solchen Anstellungsverhältnis, könnten Sie sich wegen einer neuen Beziehung genötigt sehen, ein Ehenichtigkeitsverfahren einzuleiten, um Ihren Arbeitsvertrag zu retten. Insoweit verkomme die Ehegerichtsbarkeit der katholischen Kirche zu einer Paralleljustiz für die eigenen Angestellten (Quelle: Der Spiegel v. 9.1.2017).
Was bedeutet es, wenn die Ehe aufgelöst wird?
Über die Eheannullierung hinaus kommt auch die Auflösung der Ehe in Betracht. Bei der Annullierung geht es darum, dass eine Ehe von vornherein nicht zustande gekommen ist. Bei der eher selteneren Auflösung der Ehe geht es um die Auflösung einer gültig geschlossenen und meist auch vollzogenen Ehe.
Es bestehen folgende Möglichkeiten:
- Sie oder Ihr Ehepartner sind zum Zeitpunkt Ihrer Eheschließung nicht getauft. Lassen Sie sich nach der Eheschließung taufen, kann Ihre Ehe aufgelöst werden, wenn Ihr ungetauft bleibender Ehepartner den christlichen Glauben ablehnt und deshalb die Trennung herbeiführt oder gar „den Schöpfer lästert“. Es versteht sich, dass sich die Auflösung nur auf Ihre kirchlich-katholische Trauung bezieht. Da Sie Ihre Ehe standesamtlich und damit zivilrechtlich rechtskräftig geschlossen haben, müssen Sie sich trotzdem scheiden lassen.
Sind Sie getauft, können Sie nach der kirchenrechtlichen Auflösung der Ehe und Ihrer zivilrechtlichen Scheidung eine neue bürgerlich-rechtliche Ehe eingehen und sich erneut katholisch kirchlich trauen lassen. Sie profitieren dann vom „Paulinischen Privileg“. Danach ist ein getaufter Partner nicht mehr an die Ehe gebunden, in der der Partner ungetauft bleibt.
- Das Kirchenrecht kennt als weiteren Ausnahmefall das „Petrinische Privileg“. Danach kann der Papst in Rom ausnahmsweise der Auflösung Ihrer Ehe zustimmen, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde. Auch dann gilt Ihre Ehe zumindest aus kirchlicher Sicht als nicht wirksam geschlossen. Die Scheidung nach zivilrechtlichen Grundsätzen bleibt Ihnen natürlich nicht erspart. Das Problem dabei ist, wann eine Ehe als nicht vollzogen gilt. Da Sie in der Beweispflicht sind, dürfte es nicht unbedingt einfach sein, die Beweisführung zur Überzeugung des Papstes zu vollziehen.
Jedenfalls sollten Sie sich davor hüten, Ihre Ehe als Scheinehe darzustellen, bei der der Vollzug der Ehe nicht Zweck der Eheschließung war. Haben Sie nämlich Ihre Schein-Eheschließung vor dem Standesamt mit einer kirchlich-katholischen Trauung bekräftigt, riskieren Sie den Vorwurf, dass Sie mit Ihrer Scheinehe moralische Grundsätze gesellschaftlicher und kirchlicher Natur missachtet haben und der Nichtvollzug Ihrer Ehe nur ein vorgeschobenes Argument sein könnte.
Neueintritt in die katholische Kirche als Alternative?
Sind Sie aus der Kirche ausgetreten und möchten erstmals heiraten und sich katholisch trauen lassen, benötigen Sie für die Trauung eine besondere Erlaubnis Ihres Bischofs. Waren Sie bislang konfessionslos, müssen Sie sich wahrscheinlich in einem „Konversionsunterricht“ über die Prinzipien des katholischen Glaubens unterrichten lassen. Vorteilhaft ist, wenn zumindest ein Ehepartner Mitglied der katholischen Kirche ist und damit die Perspektive besteht, dass Sie Ihre Ehe und die Erziehung Ihrer Kinder im christlichen Glauben vollziehen werden. Details sollten Sie mit Ihrem Pfarramt klären.
Was bringt die Zukunft?
Sofern Sie Schwierigkeiten haben, Ihre kirchlich bekräftigte Ehe aufheben zu lassen, dürfte es derzeit schwierig bis unmöglich sein, sich erneut kirchlich-katholisch trauen zu lassen. Vielleicht warten Sie noch eine gewisse Zeit ab. Papst Franziskus hat nämlich im Jahr 2014 eine Bischofssynode einberufen, die sich mit den „pastoralen Herausforderungen der Familie“ beschäftigt. Dabei geht es vornehmlich auch um die Wiederverheiratung geschiedener Eheleute, denen die Teilnahme an den Sakramenten ermöglicht werden sollte.
Die Kirche greift damit die Lebenswirklichkeit auf. Viele Gemeindemitglieder sind geschieden und haben den Wunsch, nach der Scheidung erneut kirchlich heiraten zu dürfen. Da diese Mitglieder von den Sakramenten sowie von Diensten und Ämtern ausgeschlossen oder ausgegrenzt werden, sei der Leidensdruck groß. Dabei tritt auch das Problem zutage, dass sich infolge der Wiederheirat ohne erneute kirchliche Trauung die Distanz zur Kirche vergrößere und das mithin auch zu einer Distanzierung vom christlichen Glauben führe. Vor allem müsse man die Problematik aus dieser Perspektive betrachten. Sind geschiedene Elternteile von der Eucharistiegemeinschaft ausgeschlossen, führe der Ausschluss oft auch dazu, dass die Kinder mangels elterlichen Vorbildes keinen Zugang zum Kirchenglauben finden und für die Kirche verloren sind.
Für eine erneute kirchliche Trauung spricht immerhin, dass die Kirche die Gewissensentscheidung, sich von einem Partner scheiden zu lassen und einen anderen Partner zu heiraten, respektieren sollte und es ein Gebot der Vernunft sei, dem wiederverheirateten Partner in der neuen Ehe beizustehen und ihn/sie auch zu den Sakramenten zuzulassen. Eine Kirche, die Liebe, Treue und Verantwortung predige, dürfen Menschen von den Sakramenten nicht ausschließen.
Alles in allem
Ehen sind keine Konsumartikel. Eine Ehe ist mit Verantwortung verbunden. Dass die Kirche über die Verantwortung für den Partner hinaus auch die Verantwortung gegenüber dem Schöpfer hervorhebt, mag aus der Interpretation biblischer Grundsätze plausibel erscheinen. Ob sich daraus aber auch das Recht ableiten lässt, Menschen nach einer gescheiterten Ehe von den kirchlichen Sakramenten auf Lebenszeit auszuschließen, dürfte sich mit der Lebenswirklichkeit schwerlich in Einklang bringen lassen.