Was sind Eheberatung und Paartherapie?
Setzen Sie Eheberatung nicht unbedingt mit Paartherapie gleich. Die Bezeichnung "Therapie" wird der Thematik nicht unbedingt gerecht. Es geht bei einer Eheberatung weniger darum, die Partner im psychotherapeutischen Sinne zu therapieren. Die Eheberatung
- greift als Beratung die aktuelle Situation auf,
- analysiert die Gegebenheiten der Ehe
- und versucht daraus Lösungen aufzuzeigen.
Die Übergänge zwischen Beratung und Therapie können sich natürlich als fließend erweisen. Die Eheberatung kann insoweit zur Therapie werden, wenn es beispielsweise darum geht, zentrale Konflikte aus früheren seelischen Entwicklungsphasen der eigenen Persönlichkeit aufzuarbeiten und daraus Konsequenzen zu ziehen.
Der Unterschied zeigt sich auch darin, dass als Eheberater spezialisierte Anwälte, Seelsorger oder Sozialarbeiter arbeiten, während die Paartherapie eher ein Bereich ist, in dem ausgebildete Psychologen oder Psychotherapeuten tätig sind.
Ein Eheberater wird die Aufgabe mehr darin sehen, das Gespräch zwischen den Partnern zu moderieren und es zu ermöglichen, dass das Paar in der Lage ist, miteinander zu kommunizieren, ohne sich mit Vorwürfen und Beleidigungen zu überziehen. Der Paarberater ist somit eine Art Dolmetscher und damit weder Schiedsrichter noch Problemlöser. Er forscht weniger in Ihrer seelischen Vergangenheit, sondern analysiert im gemeinsamen Gespräch, was aktuell Ihre Beziehung belastet, immer in Verbindung mit der Perspektive, dass Sie sachlich miteinander umgehen und sich in die Lage versetzt sehen, an Lösungen zu arbeiten.
Insoweit ist die Situation eine andere als im Lebensalltag. Dort gibt ein Wort das andere. Gespräche sind oft schnell beendet. Kompromisse scheinen unmöglich. Konflikte bestehen fort. Ein Ausweg kann dann darin bestehen, dass Sie die Gesprächsführung einem Beratenden übertragen und damit verhindern, dass Sie sich in gegenseitigen Vorwürfen verlieren. Sie sollten sich also nicht davon abschrecken lassen, dass Sie „therapiert“ werden.
Vielmehr geht es darum, dass Sie in einem gemeinsamen Gespräch unter der Aufsicht eines neutralen Dritten herausfinden, ob Ihre Beziehung noch eine Chance hat. Dieser Ansatz ist nicht abschreckend, sondern konstruktiv und kann eine echte Chance darstellen, die Situation oder die Gefühlslage Ihres Partners oder Ihrer Partnerin besser zu verstehen und bestenfalls Ihre Ehe zu retten.
Wie funktioniert Eheberatung?
Setzen Sie sich mit einem Eheberater an einen Tisch, übernimmt der Berater die Gesprächsführung. Jeder Partner bekommt die Chance, sich zu äußern und vielleicht Dinge zu äußern, die er oder sie zu Hause nie aussprechen konnte oder sich nicht auszusprechen traute. Wer spricht, darf nicht unterbrochen werden.
Der Berater entscheidet nichts. Er ist nicht der Richter über Ihre Angelegenheiten. Der Berater kann aufgrund seiner Ausbildung und Kompetenz und vor allem seines Erfahrungswissens aufzeigen, auf welchem Hintergrund Ihre Probleme bestehen. Verstehen Sie den Berater als Ihr Sprachrohr, über das Sie mit Ihrem Ehepartner kommunizieren. Es ist nicht Aufgabe des Beraters, Ihre Beziehung neu zu beleben. Vielmehr geht es darum, dass Sie miteinander so ins Gespräch kommen, dass Sie von selbst Lösungen erkennen. Dadurch, dass jeder zuhören muss, während der Partner die eigene Sichtweise präsentiert, ergibt sich oft ein Gesprächsfluss, der in geordneten Bahnen abläuft und bestenfalls Lösungsansätze aufzeigt, die Ihnen zuvor verschlossen geblieben sind. Insoweit ist die Eheberatung eine Chance, die Sie nicht haben, wenn Sie sich nur unter vier Augen unterhalten und damit riskieren, dass die Gesprächsführung in einer Sackgasse endet.
Wann ist eine Eheberatung noch sinnvoll?
Eheberatung funktioniert wie jede andere Beratung auch nur, wenn Sie bereit sind, sich beraten zu lassen. Sie müssen bereit sein, zuzuhören und wenigstens im Ansatz zu akzeptieren, dass der Berater Vorschläge macht, wie Sie Ihr Problem einer Lösung zuführen. Oft ist es schwierig, den Partner oder die Partnerin zu motivieren, an einer Eheberatung teilzunehmen. Eheberatung oder vor allem Paartherapie ist eben mit dem Makel behaftet,
- dass sich der eine oder andere Partner bevormundet fühlt,
- nicht bereit ist, sein Gefühlsleben zu offenbaren
- und kein Interesse daran hat, die Gefühlslage des anderen überhaupt noch zur Kenntnis zu nehmen.
Oft sind die Partner so sehr zerstritten, dass es unmöglich scheint, sich an einem Tisch zusammenzufinden. Ein Grund, dass ein Partner sich einer Eheberatung verweigert, könnte auch darin bestehen, dass der Eheberater oder die Eheberaterin wegen des Geschlechts nicht akzeptiert wird. Männer tun sich oft schwer damit, sich in der Beratung einer Frau zu öffnen. Genauso tun sich Frauen oft schwer damit, in der Beratung ihre Gefühlswelt einem Mann zu offenbaren. Vorbehalte dieser Art lassen sich aber damit entkräften, dass Berater darin geschult sind, sich neutral zu verhalten und die Beratung ungeachtet des Geschlechts der zu beratenden Personen durchzuführen.
Praxistipp: Geben Sie Ihrer Ehe trotz der Beratung keine Chance, kann eine Eheberatung aber trotzdem noch eine gute Option darstellen, wenn es darum geht, Ihre offensichtlich gescheiterte Ehe in geordneten Bahnen abzuwickeln. Im Idealfall entwickeln Sie unter der Aufsicht eines Beraters einen Plan, den Sie in eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung umsetzen. Gelingt es dann, Ihre Ehe im gegenseitigen Einvernehmen als einvernehmliche Scheidung abzuwickeln, war die Eheberatung zumindest insoweit erfolgreich.
Wie lange geht eine Eheberatung?
Eheberatung dauert so lange, wie Sie und der Partner es wünschen und Aussichten sehen, dass Sie Fortschritte erzielen. Zeigt sich der Partner für einen Beratungsansatz völlig unzugänglich, dürfte die Beratung bereits in der ersten Stunde beendet sein. Nach unbestätigten Statistiken soll sich bei jedem zweiten Paar die Beziehung nach ca. 15 Sitzungen verbessert haben. 50 % der Paare trennten sich trotz Therapie, gaben jedoch an, dass ihre Trennung friedlicher verlaufen sei, als sie ohne Eheberatung verlaufen wäre. 80 % der in einer nicht näher bezeichneten Umfrage befragten Paare gaben an, vor der Beratung unter körperlichen Beschwerden gelitten zu haben. Danach waren es noch 20 %.
Kann Paartherapie Liebe zurückbringen?
Ja, Paartherapie kann Ihre Liebe durchaus zurückbringen. Vielleicht ist Ihre Liebe, deretwegen Sie schließlich einmal zusammengefunden haben, einfach nur von den Problemen Ihres Lebensalltags zugeschüttet. Vielleicht müssen Sie die Probleme einfach nur anpacken und beiseite räumen und Ihre Beziehung wieder dorthin zurückführen, wo Sie einmal waren. Oft sind Wut, Enttäuschung und Frust Gründe, dass die Liebe in den Hintergrund gedrängt ist. Sie ist aber immer noch existent.
- Wenn Sie in der Paartherapie Ihre negativen Gefühle ansprechen, diese Gefühle sich selbst und natürlich auch dem Partner bewusst machen und die Gründe herausfinden, warum Sie wütend, enttäuscht oder frustriert sind, haben Sie die Chance, Ihre Liebe wieder in den Vordergrund zu manövrieren.
- Sind Sie aber so tief verletzt, enttäuscht oder gedemütigt, dass Ihre Beziehung zerrüttet ist, wird auch die Paartherapie Ihre Liebe nicht zurückbringen können.
- Die Paartherapie kann insoweit helfen, Ihre Situation realistisch zu betrachten und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sich entwickelt haben.
Was unterbricht das Trennungsjahr?
Vielleicht führt die Teilnahme an einer Eheberatung dazu, dass Sie es noch einmal miteinander versuchen wollen. Haben Sie die Gründe herausgearbeitet, die Ihre Beziehung negativ beeinflussen, haben Sie die Chance, neu zu starten. Ein darauf aufbauender Versöhnungsversuch kann dann zeigen, ob Sie sich bewähren.
Haben Sie sich bereits getrennt, stoppt ein Versöhnungsversuch nicht den Ablauf des Trennungsjahres. Auch mehrere Versöhnungsversuche sind möglich. Übersteigt ein solcher Versöhnungsversuch aber einen Zeitraum von ca. sechs Wochen, müssen Sie damit rechnen, dass dadurch das Trennungsjahr unterbrochen wird. Um das Ziel einer Scheidung wieder aufzugreifen, müssten Sie das Trennungsjahr von Neuem beginnen.
Kommt Eheberatung einer Versöhnung gleich?
Andererseits ist die Bereitschaft, an einer Eheberatung teilzunehmen, noch kein zuverlässiger Ansatz, von einem Versöhnungsversuch zu sprechen. Nach dem Wortlaut des § 1567 Abs. I, II BGB ist ein Versöhnungsversuch anzunehmen, wenn die Ehepartner über kürzere Zeit zusammengelebt haben, eine häusliche Gemeinschaft besteht und die Absicht hatten, sich zu versöhnen. Die bloße Teilnahme an einer Eheberatung, ohne dass die Partner die häusliche Gemeinschaft wiederhergestellt haben, dürfte diese Voraussetzungen allein nicht erfüllen.
Eheberatung trotz Geliebter
Sind Sie neu verliebt, erscheint eine Eheberatung wenig sinnvoll. Sie können sich schlecht zweiteilen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Ihre Affäre dem Partner bekannt ist. Der Partner oder die Partnerin wird sich dann mindestens schwertun, die Beziehung wiederzubeleben. Schließlich müssten Sie bereit sein, auf Ihre neue Liebe zu verzichten. Nur dann durfte eine Verzeihung in Betracht kommen.
Ist Ihre Affäre dem Partner nicht bekannt, könnte Sie das Gefühl beschleichen, dass Sie dem Partner oder der Partnerin vorheucheln, Ihre Beziehung vielleicht wiederbeleben zu wollen, obwohl Ihnen bewusst ist, dass Sie diese Absicht wahrscheinlich nicht umsetzen werden. Lassen Sie sich auf eine Eheberatung ein, werden Sie sich früher oder später entscheiden müssen. Ansonsten kann die Eheberatung insoweit eine Perspektive bieten, als Sie auf eine einvernehmliche Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung hinarbeiten, mit der Sie Ihre gescheiterte Ehe im gegenseitigen Einvernehmen abwickeln.
Alles in allem
Eheberatung ist ein ultimatives Angebot, wenn Sie eine Chance sehen, Ihre Beziehung in eine neue Richtung zu steuern. Gerade, weil wir in eigenen Angelegenheiten schlechte Berater sind und die Dinge subjektiv und voreingenommen beurteilen, kann es immer hilfreich sein, eine neutrale dritte Person in die Gesprächsführung einzubeziehen. Kompetente Eheberater können Optionen und Perspektiven aufzeigen, die Ihnen verschlossen bleiben und bietet insoweit die Chance, Ihr Leben und Ihre Beziehung zum Partner oder zur Partnerin wieder neu zu gestalten. Chancen sind schließlich dazu da, dass sie ergriffen und genutzt werden.