Ehe(ver)brecher
Wenn Sie sich gerade auf dem Heimweg von einem nächtlichen Abenteuer jenseits des Ehebetts befinden, randvoll mit schönen Erinnerungen und schlechtem Gewissen, haben wir eine schlechte Nachricht für Sie: Sie haben eine zivilrechtlich unerlaubte Handlung begangen. Aber bevor Sie sich jetzt schon Fluchtpläne für einen künftigen Gefängnisaufenthalt zurechtlegen, gleich noch die Entwarnung hinterher: Strafbar ist der Ehebruch trotzdem nicht. Zwar gilt er nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB als Verletzung der aus der Ehe folgenden Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, aber aus der Verfolgung dieser „Pflichtverletzungen“ hält sich der Staat inzwischen heraus. Das war bis zum 1. September 1969 noch anders. Angefangen vom 1. Januar 1872 bis zum genannten Zeitpunkt konnten Ehebrecher und auch der Mitschuldige (also derjenige mit dem der Ehebruch begangen wurde, immerhin gehören ja immer zwei dazu) mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden. Auf die Genugtuung, den Fremdgeher hinter Gittern zu sehen müssen Betrogene heute verzichten, aber trotzdem sollte man nach wie vor Vorsicht walten lassen. Denn wer es mit dem Ehebruch (und seinem sonstigen Verhalten) in der Ehe zu bunt treibt, kann unter Umständen sogar mit Nachteilen bei Unterhaltsansprüchen oder bei der Regelung des Zugewinnausgleichs rechnen.
Irgendeiner muss doch Schuld sein
Ähnlich abstrus mutet aus heutiger Sicht das Schuldprinzip im Scheidungsrecht an, auch wenn so mancher diese überholte Regelung wohl noch in unangenehmer Erinnerung hat. Immerhin wurde das 1895 im Scheidungsrecht eingeführte Schuldprinzip erst mit der Scheidungsreform von 1977 abgeschafft. Wie der Begriff schon vermuten lässt, ging es bei einem Scheidungsverfahren, das auf dem Schuldprinzip beruhte darum, festzustellen, wer für das Scheitern der Ehe die Schuld trägt. Das konnten manchmal beide Partner sein, oft genug blieb die Schuld aber an einer Partei hängen und das mit handfesten Konsequenzen, denn wer schuldig geschieden war, konnte sich Sorgerecht und Unterhaltszahlungen schon mal abschminken. Um sich „im Guten“ zu trennen, wurde oft zu Tricks gegriffen und darüber gesprochen, wer die Schuld freiwillig auf sich nimmt. Mögliche Gründe für eine Schuld waren unter anderem seelische Grausamkeiten, unsittliches Verhalten oder der Klassiker: Ehebruch. Da wir in Deutschland aber schon zu dieser Zeit in einem Rechtsstaat leben, müssen solche Handlungen aber erst einmal bewiesen werden. Das gestaltete sich vor allem beim Ehebruch schwierig, der seit 1969 keine strafbare Handlung mehr war (siehe oben) und deswegen nicht vom Staat verfolgt werden konnte. Mit der Scheidungsreform wurde das Schuldprinzip durch das heute gültige Zerrüttungsprinzip ersetzt, wonach eine Ehe einfach dann geschieden werden kann, wenn sie gescheitert ist. Die Gerichte waren darüber erleichtert und die Betroffenen sicher auch.
„Schwulenparagraf“ - kann denn Liebe strafbar sein?
(Sehr) langsam aber (relativ) sicher nähern wir uns in Europa und vielen anderen Teilen der Welt einem Punkt, an dem die Frage nach der sexuellen Orientierung einer Person keine große Rolle mehr spielt. Immerhin wurden in vielen Ländern gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe in weiten Teilen oder sogar vollkommen gleichgestellt. Umso erstaunlicher ist es, dass hierzulande erst am 10. März 1994 die letzten Reste des berüchtigten „Schwulen-Paragrafen“ § 175 aus den Gesetzbüchern gefegt wurden. Auf Basis dieses Gesetzes, welches schon zur Kaiserzeit seine Entsprechung hatte, wurden viele Männer für ihre Partnerschaften oder sexuellen Kontakte verurteilt. Dabei machte der Paragraf einige Entwicklungen durch. Zu Kaisers Zeiten wurde darin Homosexualität noch als „widernatürliche Unzucht“ bezeichnet und mit einer Gefängnisstrafe sowie eventuell dem Verlust der „bürgerlichen Ehrenrechte“ geahndet. Diese mittelalterlich anmutende Regelung wurde erst am 23. November 1973 entschärft. Von nun an gingen volljährige schwule Paare straffrei aus (für lesbische Frauen war das Gesetz ohnehin nicht ausgelegt). Sexuelle Handlungen zwischen volljährigen und nicht-volljährigen Männern wurden aber weiterhin bestraft. Auch in dieser – bis 1994 gültigen - Form war das Gesetz noch ungerecht, da das Schutzalter bei lesbischen und heterosexuellen Beziehungen bei 14 Jahren lag.
Kuppeln verboten
Verkuppelt zu werden hat zwar auch heutzutage noch einen etwas schalen Beigeschmack. Es mutet künstlich, gezwungen und ein wenig peinlich an. Aber niemand würde heute auf die Idee kommen, Verkuppler hinter Gittern zu bringen. Immerhin hat man ja immer noch seinen freien Willen und kann auch „Nein“ sagen. Als die Kuppelei am als Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung ins Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches aufgenommen wurde, sah man das offensichtlich noch anders. Und zwar deutlich: In der Fassung von 1900, die noch bis 1973 gültig war, drohten jedem Kuppler bis zu fünf Jahre Haft sogar dann, wenn die Kuppelei weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wurde. Bis 1970 konnten auch die „bürgerlichen Ehrenrechte“ aberkannt werden. Dafür musste nur „der Unzucht“ (also unehelicher Sexualität) „Vorschub geleistet“ und dabei „hinterlistige Kunstgriffe angewendet werden“. Außerdem musste es sich beim Kuppler um einen Elternteil, den Ehemann oder den Vormund des „Opfers“ handeln oder um einen Geistlichen, Lehrer bzw. Erzieher, der für das „Opfer“ verantwortlich war. In der DDR wurde die Kuppelei schon 1968 entkriminalisiert, fünf Jahre später wurde dem Spuk auch in der BRD ein Ende bereitet. Seit 1973 gilt nur noch die Förderung der Kuppelei mit unter 16-Jährigen als strafbar. Dabei machen sich Sorgeberechtigte nur noch strafbar, wenn sie ihre Erziehungspflicht grob verletzen.
Eheverbote zwischen Ehebrechern
Ehebrecher hatten in früheren Zeiten keinen guten Stand. Zu all den moralischen und beziehungstechnischen Verwicklungen, die ein Seitensprung auch heute noch mit sich bringt, gab es verschiedenste rechtliche Konsequenzen. Neben einer Gefängnisstrafe konnten Ehebrecher damit rechnen, nie wieder eine Ehe brechen zu können. In bestimmten Fällen wurde ihnen kurzerhand eine weitere Heirat untersagt, ganz besonders mit der Person, mit der sie die Ehe gebrochen hatten. Ganz nach dem Motto „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“ wurde ihnen im Grunde die Befähigung zur Ehe abgesprochen. Im Gesetzesdeutsch des BGB von 1900 waren zumindest einige Ehebrecher „übel beleumundete Brautleute, die der Allerhöchsten Gnade unwürdig waren“. Schon im 19. Jahrhundert wurde dieses Mittel von kirchlichen und staatlichen Stellen gerne angewendet. Allerdings war dieses Eheverbot meist auf schwerwiegende Fälle beschränkt. Außerdem gab es die Möglichkeit ein Befreiungsgesuch einzureichen, dem in der Praxis im Laufe der Jahre immer öfter stattgegeben wurde. Es ging bei der Regelung vor allem darum, Ehebruch als etwas grundsätzlich Strafbares und Verachtenswertes darzustellen. Endgültig entfallen ist das Eheverbot wegen Ehebruchs am 1. Juli 1977, wobei es schon nach dem Zweiten Weltkrieg quasi nicht mehr angewendet worden war.
Scheidung? Vergiss es!
Scheidung ist ganz sicher nichts wo gleich jeder „Hurra!“ schreit, wenn er davon hört. Aber, wie bei so manchen Dingen, weiß man sie vor allem dann zu schätzen, wenn man sie nicht hat. Und das ist immerhin an einigen Orten in der Welt der Fall. Neben dem Vatikanstaat (wenig überraschend) und den Philippinen, wo auch heute noch keine Scheidung möglich ist, war das bis vor Kurzem auch noch in mindestens einem weiteren Land in Europa der Fall. Erst seit dem 1. Oktober 2011 dürfen sich Paare von der Insel Malta scheiden lassen. In dem tiefkatholischen Land gab es zuvor nur die Möglichkeit, eine Ehe zu annullieren oder eine Trennung zu beantragen. Letzteres war aber mit einigen Nachteilen verbunden. So gab es für Trennungswillige verpflichtende Mediationskurse, die sie wieder auf den Kurs der Ehe bringen sollten, außerdem bestand auch nach der Trennung noch eine gegenseitige Unterhaltsverpflichtung. Vor allem aber war eine Wiederheirat unmöglich. Eine weitere Alternative war die Scheidung im Ausland, die in der Regel von den Behörden anerkannt wurde. Nach einer erfolgreichen, aber knappen Volksabstimmung im Mai 2011 (53 % Zustimmung) trat dann im Oktober ein Gesetz in Kraft, das die Scheidung nach 4-jähriger Trennungsphase erlaubt. Zumindest wenn keine Aussicht auf Versöhnung besteht.