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Codename „Mausebärchen“ – Sinn und Unsinn von Kosenamen

 
 

„Schatz(i)“,  „Maus“ oder  „Süße/r“ sind wahre Klassiker, wenn es um die Betitelung des Lebensgefährten geht.  Zwar darf bezweifelt werden, ob der Betreffende in einer alten Eichenkiste unter zwei Meter Sand ausgegraben wurde, ob der Vergleich zu einem Nagetier mit imposanten Schnurrhaaren so schmeichelhaft ist oder ob der Partner je eine Geschmacksprobe vom Fleisch seines Auserwählten genommen hat. Aber solch hohe Ansprüche an diese lieb gemeinten Metaphern zu stellen wäre ja auch etwas unfair.

Denn wer von seinem Liebsten mit solchen Titeln bedacht wird, kann sich ja noch glücklich schätzen. Manche Menschen werden nämlich so sehr von den Schmetterlingen in ihren Bäuchen geritten, dass sie die Welt nur noch in einer Aura aus Zuckerguss und rosa Wölkchen wahrnehmen. Anders lassen sich Kosenamen wie „Haselmuckel“, „Schnuffihasibaby“ oder „Mäuseschwänzchen“ (besonders schmeichelhaft für Männer) nicht logisch erklären.

Aufrüstung der Knuffigkeit

Aber warum greift man überhaupt zu solchen Verniedlichungen? Ist es ein Ausdruck wahrer Liebe? Ist es ein Zeichen der Zusammengehörigkeit? Oder ist es eine charmante Form gegenseitiger Erniedrigung? Fast scheint es, als herrsche ein kalter Krieg der Kosenamen, bei dem die Kontrahenten ständig mit hoch entwickelten Kuschelraketen verbal aufrüsten!

Doch auch wenn keine kriegslüsternen oder aggressiven Absichten hinter der Benennungswut vermutet werden:  Die Freude über den liebevoll ausgewählten Namen hält sich beim Partner in der Regel in Grenzen. Zwar gibt es durchaus Paare, denen ihre Liebestitel förmlich ans Herz gewachsen sind, aber viele andere können ihr Selbstbild nicht so richtig mit den charakteristischen Eigenschaften eines „Purzelbärchens“ in Einklang bringen. Menschen sehen sich gerne als Helden, als Gewinner, als Sexbomben; vielleicht noch als Künstler, Philosophen oder Intellektuelle. Aber „Zuckerschneckchen“ würden die meisten wohl nicht einmal in der dritten Klasse als Berufswunsch angeben. Dann doch lieber „Feuerwehrmann“ oder „Astronaut“ .

Prof. Dr. Muffelpuffel

Richtig peinlich wird es freilich erst, wenn Freunde, Verwandte oder gar Arbeitskollegen erfahren, dass Frau Meier vom Marketing eine Zusatzqualifikation als „Ratzelchen“ abgeschlossen hat oder dass sich hinter dem harten Mann vom Bikerklub ein Undercover-„Grummelchen“ versteckt.

Die ausgesprochene Beliebtheit von Verniedlichungsformen lässt – ein wenig böser Wille vorausgesetzt - auf eine unterschwellige Angst vor der charakterlichen, körperlichen oder sonstigen „Größe“ des Partners schließen. Versteckt sich dahinter vielleicht sogar ein geheimer Minderwertigkeitskomplex? Diese Frage kann wohl nur ein versierter Psychologe beantworten, der wohl seinerseits neben dem Doktor- oder Professorentitel auch den Beinamen „Muffelpuffel“ führt.

Wahrscheinlich geht es bei all diesen Namen aber nur um eins: seinem Partner zu zeigen, dass er etwas ganz Besonderes für einen ist und dass er gleichzeitig nicht nur als Doktor, Abteilungsleiter, Leistungssportler oder Fernsehstar, sondern auch als ganz gewöhnliches „Schnurzeltäubchen“ mit all seinen Schwächen und Fehlern wahnsinnig geliebt wird.