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Eine späte Elternschaft birgt Risiken. Aber auch Vorteile.(© auremar - Fotolia.com)

Baby statt Bingo - späte Elternschaft

 
 

Graues Haar und Babywindeln. Kann das zusammenpassen? Auch wenn Mütter und Väter in den letzten Jahren im Schnitt immer älter geworden sind und laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2011 knapp ein Viertel der Neugeborenen eine Mutter haben die 35 Jahre oder älter ist, verdrehen viele noch immer bei der Vorstellung – und beim Anblick – von Eltern im fortgeschrittenen Alter die Augen. Aber welche Herausforderungen und Probleme bringt das späte Elternglück mit sich und hat es auch Vorteile, sich mit der Familienplanung Zeit zu lassen?

Gründe

Wie kommt man eigentlich dazu, sich im höheren Alter noch die Strapazen einer Elternschaft anzutun?

Bei vielen späten Eltern ist es Unentschlossenheit. Sie haben zwar womöglich schon länger den vagen Wunsch gehegt, irgendwann einen kleinen Schreihals in die Welt zu setzen. Die konkrete Entscheidung darüber wird aber gerne nach hinten verschoben. Immerhin bedeutet der Nachwuchs auch erst mal den Verlust von einem Stück Freiheit und Autonomie. Da möchte man lieber zunächst das Leben genießen, Dinge ausprobieren, Reisen und viele verschiedene Pläne in Angriff nehmen. Gleichzeitig gilt es – für Frauen wie auch für Männer – sich eine Karriere aufzubauen und im Berufsleben Fuß zu fassen. Das braucht seine Zeit und meist auch eine gute Ausbildung, die auch einen Gutteil der Lebenszeit verschlingt und zwangsläufig das Elternglück weiter nach hinten verschiebt. Und auch wirtschaftliche Überlegungen spielen dabei eine Rolle. Schließlich möchte man seinem Sohn oder seiner Tochter ja auch was bieten können.

Andere Paare haben bereits ein erwachsenes Kind großgezogen und entscheiden sich nun für weiteren Nachwuchs. Der muss nicht immer von der Mutter oder dem Vater des ersten Kindes stammen. In Zeiten, wo viele Ehen irgendwann in einer Scheidung enden, kommt es auch in späteren Lebensphasen zum Neuanfang mit einer neuen Liebe. Diese Liebe möchte man dann gerne auch durch ein Kind weiter festigen. Abseits davon kann ein Kind auch eine Möglichkeit sein, sich seine nach wie vor starke Weiblichkeit respektive Männlichkeit zu beweisen. Viele Menschen wollen aber durch den späten Nachwuchs auch das Gefühl bekommen, etwas zu hinterlassen und ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben. Und: Nicht jeder plant seinen späten Nachwuchs. Unfälle passieren selbst im reiferen Alter noch.

Probleme

Was auch immer die Gründe für eine späte Elternschaft waren, in jedem Fall bringt sie gewisse Schwierigkeiten mit sich.

Umfeld

Da ist zunächst einmal das soziale Umfeld. Denn die meisten Menschen haben ein konkretes Bild von Eltern, in welches Ältere oft noch weniger passen als junge. Schnell wird man dann mal für den Großvater oder für die Großmutter gehalten. So etwas schmerzt. Wer diesen Irrtum richtigstellt, sieht sich neben weit aufgerissenen Augen einer Menge von Vorurteilen gegenüber. Dann wird aus dem süßen Kind in den Augen Dritter schnell eine egoistische Altersflucht auf dem Rücken des Kindeswohls. Und auch das Kind selbst dürfte sich spätestens ab der Einschulung so manchen Hänseleien wegen des Alters seiner Eltern gegenübersehen.

Erziehung

All das ist kräftezehrend, aber natürlich sollte der Klatsch und Tratsch beschränkter Geister niemanden davon abhalten, eine Familie zu gründen. Interessanter sind da schon die Auswirkungen des Alters auf die Eltern-Kind-Beziehung. Denn eine Tatsache lässt sich nicht leugnen: Mit Mitte vierzig sind wir weniger belastbar als mit Mitte zwanzig. Das macht sich schon beim nächtlichen Babygeschrei bemerkbar, noch stärker aber wenn die – weiter gealterten – Eltern mit ihrem Kind herumtollen, Fußballspielen oder Fangen spielen wollen. Schwerwiegender noch ist das steigende Risiko zu erkranken, zum Pflegefall zu werden oder gar zu sterben. Natürlich hat man ähnliche Risiken im geringeren Maße auch im jüngeren Alter. Auch ein zwanzigjähriger Papa oder eine achtzehnjährige Mama hat keine Garantie auf Gesundheit. Wer sich fit hält und sich gesund ernährt, kann auch im höheren Alter diese Risiken minimieren.

Für die Erziehung mindestens genauso wichtig wie die körperliche Fitness, ist aber die geistige Flexibilität. Befindet man sich noch in halbwegs kompatiblen Gedanken – und Lebenswelten? Oder hat man spätestens in der Pubertät überhaupt keine gemeinsame Gesprächsbasis mehr? Selbst bei jüngeren Eltern gibt es ja oft schon einen Generationenkonflikt. Hier ist es wichtig, auch geistig jung zu bleiben, um auch noch Ratschläge für den ersten Liebeskummer erteilen zu können, ohne dafür aus einem Ratgeber zitieren zu müssen. Und selbst dann lebt man noch mit der Angst, dass es für die eigenen Kinder ein seltsames Gefühl ist, keine so jungen Eltern mehr zu haben.

Biologie

Doch selbst wenn alle anderen Umstände stimmen: Biologisch gesehen bleibt eine späte Elternschaft riskant. Denn das Erbgut eines Menschen beginnt mit der Zeit immer weiter zu mutieren, was das Risiko von Krankheiten und Behinderungen bei Kindern erhöht. Eine Mutter, die mit 35 oder mehr Jahren schwanger wird, gilt deshalb auch medizinisch als Risikoschwangerschaft. Denn von diesem Alter an steigt beispielsweise die Gefahr von Fehlgeburten oder der Geburt eines Kindes mit dem Down-Syndrom. Auf der anderen Seite hat eine Studie des Max-Planck Institutes festgestellt, dass Kinder von älteren Müttern später nicht häufiger krank werden. Bei Vätern ist dagegen das Risiko von Schizophrenie und Autismus für den Nachwuchs erhöht. Eine andere Studie spricht auch von einem durchschnittlich geringeren IQ solcher Kinder.

Vorteile

Bei allen berechtigten Bedenken hat eine späte Elternschaft auch Vorteile. Beruflich ist man meist schon gut abgesichert. Man braucht sich nicht mehr um den Aufbau seiner Karriere zu kümmern und kann sich stattdessen stärker auf sein Privatleben und auf sein Kind konzentrieren. Zudem bringt man mehr Lebenserfahrung als junge Eltern und auch eine gewisse Reife und Gelassenheit mit. Gerade wer zuvor schon ein Kind hatte, weiß auch schon, worauf er sich mit einem Kind einlässt. Die Eltern wiederum bleiben durch den Nachwuchs leichter jung. Und auch biologisch gesehen ist nicht nur Schwarzmalerei angesagt. Denn Wissenschaftler haben auch herausgefunden, dass eine späte Vaterschaft das Leben von Kindern verlängern kann, da sich die Zellen besser regenerieren. Vor allem aber kommt es für ein Kind auf Liebe und Aufmerksamkeit an. Und um die zu geben, muss man nicht mehr blutjung sein.